OEdystopia und Helen, eure Überlegungen haben mich an ein Essay des Lyrikers Reiner Kunze aus seinen Münchner Poetik-Vorlesungen, gesammelt im Essay-Band "Das weiße Gedicht", erinnert:
"Hätte ich ein weisses Erlebnis gehabt und versucht, ein weisses Gedicht zu schreiben, und ein Leser würde sagen, das Gedicht sei schwarz, könnte ein Grund dafür sein, dass ich mit dem Weiss des Erlebnisses zu sparsam umgegangen bin, so dass das Gedicht grau wirkt und der Leser, dunkel vorgestimmt, vor allem die Schwarztöne herausspürt" (gekürzt)
Nun seid ihr in Euren Interpretationen nicht so weit auseinander, aber Helen hat ja das Phänomen angesprochen, dass es überhaupt geschieht.
Im ebenfalls enthaltenen Essay "Dasselbe, das ein anderes ist", beschreibt Kunze übrigens auch die Kunst des Nachdichtens aus anderen Sprachen. Ein Buch vor allem für Poesie-Freaks, für diese dafür unerschöpflich.