1 Winterspaß beim Sommer-Tasting

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11 Jahre 8 Monate her #134615 von gaira
Winterspaß beim Sommer-Tasting wurde erstellt von gaira
Drei Blends standen beim unserem Summer Tasting im Mittelpunkt des Geschehens, die jeweils begleitet wurden von einem Single Malt, der bei ihrer Herstellung eine bedeutende Rolle spielt. Soweit man weiß, denn wenn es um den Inhalt ihrer Blends geht, werfen die Hersteller ja ganz gerne Nebelkerzen ;-).

Blends finde ich eher langweilig (wie die meisten Standardabfüllungen), fehlen ihnen doch die Ecken und Kanten, die bei Einzelfassabfüllungen und Fassstärken meistens für echte Überraschungen sorgen. Doch hier ging es einmal um besondere Vertreter dieser Art. Die Blends bestanden ausschließlich aus Single Malts, waren also frei von jeglichem Grainanteil und durften bis vor gar nicht langer Zeit noch als Vatted Malt oder Pure Malt gehandelt werden. Wobei, Professor Schobert und seinem unschlagbaren Whiskylexikon sei Dank, „es völlig falsch ist, Vatted Malts automatisch für minderwertiger zu halten als etwa Single Malts." Die Herstellung eines eigenen Vatted gehöre mit zu den schönsten Vergnügungen, die ein langer Winterabend bieten könne. "Sind die Whiskys gut ausgewählt, können sehr brauchbare Ergebnisse entstehen. Das Living Cask ist eine alte, früher in jedem guten (schottischen) Haushalt produzierte Form des Vatted Malt." Aha - Winterspaß beim Sommer-Tasting. So wie der Sommer bisher war, passte das ja :lol: !

Unser erstes „Living Cask“ kam aus dem Hause Arthur Bells & Sons, das auch schon lange zu Diageo gehört. „Bell’s Special Reserve“ gilt als „a rich pure Malt Whisky“ und stammt aus einer der schönsten Destillen, die wir in Schottland bisher besuchen konnten. „Blair Athol“ in Pitlochry/Perthshire wird nicht von ungefähr als „Home and Heart of Bell’s“ bezeichnet. Das Alter der Special Reserve wird mit etwa acht Jahren angegeben. Der Alkoholgehalt beträgt 40 Prozent und ihm wird leichter Torfgehalt attestiert. Gefiltert und mit Farbstoff kommt er auf den Markt, Literpreis: etwa 22,80 Euro. Er gefällt mit mittlerem Körper und gibt sich recht geschmeidig. Noten von Holzrauch und Eiche, sowie ein Touch von Honig und Karamell finden sich im Aroma. Geschmacklich ist er gut ausbalanciert. Ausgebaut wurde er in Bourbon und Sherry Casks. Jeder der enthaltenen Single Malts ist - nur noch - mindestens acht Jahre alt. Noch vor kurzem waren es zwölf Jahre. Auf der Homepage von Arthur Bell & Sons werden die Malts Inchgower, Dufftown, Glenkinchie und Caol Ila als Bestandteile herausgestellt und eben der „Blair Athol, home and heart of Bell’s“ :D .

Der Whisky gefällt mir recht gut, denn sein leicht süßliches Aroma und der verhaltene Rauch gehen wärmend über in einen langen, von dezenter Süße begleiteten Abgang. Auch dieser Vertreter der Flora & Fauna Reihe stammt aus dem Diageo-Konzern, der die Range nutzt, um Single Malts der Brennereien aus eigenem Bestand am Markt zu positionieren, die heute eigentlich nur noch für die Blend-Herstellung produzieren. Abgefüllt wurde er mit 43 Prozent, Literpreis: rund 61 Euro.

Das zweite „Living Cask“ stammte aus einer Destille am westlichen Rand des Örtchens Crieff, nahe Perth gelegen. Glenturret zählt zu den Destillen der südlichen Highlands. Warum die zur Edrington Group (übrigens Bestandteil einer privaten, wohltätigen Stiftung) gehörende Brennerei zum Zuhause des berühmtesten schottischen „Moorhuhns“ wurde, das wissen wohl nur die Werbefachleute 8) . Fakt ist, dass Glenturret nie etwas mit dem Famous Grouse zu tun hatte, der in diesem Fall mit leichtem Torfgehalt als Zwölfjähriger mit 40 Prozent abgefüllt wurde. Mit etwa 48 Euro pro Liter wird er gehandelt. Seine Farbe „klares Gold“ verdankt er leider dem zugefügten Farbstoff. Leicht süß, sanft, weich, mit holzigen Noten und einem leichten Zitronenaroma überzeugt er die Nase. Eigenschaften, die auch der Zunge später schmeicheln, wobei sich eine leichte Fruchtnote dazugesellt. Im Nachklang ist er lang und reichhaltig, begleitet von einer mittleren Süße :P .

Neben einer guten Portion Macallan enthält dieses „Moorhuhn“ den zwölfjährigen Highland Park. Beide Destillen gehören ebenfalls zur Edrington Group. Der leicht getorfte und gefilterte Highland Park wird mit moderaten 40 Prozent abgefüllt und ist – immerhin – ungefärbt. Der Literpreis liegt im Durchschnitt bei knapp 43 Euro. Das blasse Gold ist also echt und das Aroma von Heide, Honig und einem Hauch von Rauch ist uns vertraut. Toastige Noten, etwas Pfeffer, sowie rauchige Trockenheit begleiten leichte Frucht. Im Nachklang ist er recht kurz aber frisch und sauber, vom Heidekraut geprägt. Ausgebaut wurde der Highland Park im Sherry Casks.

Beim dritten „Living Cask“ handelte es sich um einen Johnnie Walker Green Label, dessen Produktion angeblich bereits eingestellt worden ist :shock: . Wem er schmeckt, der sollte sich also noch ein wenig Vorrat besorgen.
Der Green Label kommt als 15-Jähriger mit 43 Prozent und leichtem Torf daher. Angeblich ist er der Beste in der Johnnie-Walker-Riege, entscheiden mag das jeder für sich. Ganz schlecht ist er sicher nicht, was man für rund 48 Euro pro Liter aber auch erwarten darf. Sein Aroma wird als weich, intensiv malzig, mit leichten Islay-Anklängen beschrieben. Der Geschmack ist mundfüllend, die Speyside und der Inselcharakter sind gleichermaßen spürbar. Dann sind da noch diese Pfeffernoten. Diesen Geschmack, den kennen wir von der Isle of Skye :D ! Das Herz des Green Label besteht aus purem Talisker! Daneben finden sich Linkwood, Cragganmore und Caol Ila, wahrscheinlich auch Cardhu und Royal Lochnagar. Lecker!

Zum zehnjährigen Talisker muss nicht viel gesagt werden. Er ist mit den charakteristischen 45,8 Prozent abgefüllt worden und fällt mit verhältnismäßig viel Torf auf (finden wir nicht, doch unsere Tasting-Runde besteht auch aus hartgesottenen Torfnasen :lol: ). Für rund 42 Euro pro Liter ist der Talisker zu haben. Der sanfte Rauch leitet ein köstlich süßes Geschmackserlebnis ein. Voll im Körper und doch mild, entwickelt der kräftige Malt eine robuste, tiefe Intensität. Im Nachklang lang, reichhaltig und wärmend. Ausgebaut wurde der Klassiker in Bourbon- und Sherryfässern. Nicht erst seit unserem Besuch auf Skye ist der Malt einer unserer Favoriten. Talisker – Made by the sea! Um einmal mehr Professor Schober zu zitieren, der seinerseits den Skyeman Derek Cooper zu Wort kommen lässt: „Talisker ist kein Getränk, er ist eine innerliche Explosion, destillierte Zentralheizung.“

Wen es noch interessiert: die richtigen Pärchen hat keiner in der Runde zusammengebracht :roll: , die meisten Geschmackspunkte erhielt unangefochten der Talisker, gefolgt vom Blair Athol und dem Highland Park. Bei den Blends kam der Famous Grouse am besten weg, gefolgt vom Green Label und der weit abgeschlagenen Bell’s Special Reserve. Slainte Mhath :D !


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