1 Reisebericht Butzheim

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oder
Die Reise nach Butzheim

Es war also Sonntag, dieser denkwürdige mit dem Termin in der Oldiethek. Zu Gast bei Horst Lichter.

Da uns nicht nur Gaumenfreuden erwarten würden, sondern es auch immer reichlich mehr oder weniger alten Krimskrams zu bestaunen gibt, wollten wir eigentlich sehr frühzeitig losfahren. Nur noch ein kurzer Blick ins Lieblingsforum und, naja, dann erstmal die Wohnung trockenlegen. War ich doch auf die Im-Spargel-Schwelg-Seite geraten und konnte der Fluten, die mir im Mund zusammenliefen, nicht Herr werden. Also erstmal den Aufnehmer für die Pfütze auf dem Boden und ein trockenes Blüschen für mich rausgesucht. Aber dann, nichts wie Richtung Butzheim.

Endlich angekommen stehen wir vor dem großen Tor, besser gesagt vor der Tür in dem Tor, auf der ein Schild angebracht ist: „Wer hier klaut stirbt!“ Hatten wir beides nicht vor und traten entsprechend furchtlos durch die Pforte. Direkt hinein ins Allerheilgste, nun ja, fast. Die Küche liegt weiter im Inneren. Wie gehabt ist die Eingangshalle vollgestopft mit allem Möglichen und Unmöglichem. Da wo beim letzten Besuch noch die NSU mit Beiwagen stand macht sich jetzt ein hochglanzpolierter Carrera breit. Aber wir sind spät dran und wissen, Horst wartet nicht gern, hat er doch noch eine Menge Arbeit an diesem Abend.
Also marschieren wir ohne großen Aufenthalt geradewegs Richtung Küche, wo wir mit einem herzlichen „Hallo ihr beiden“ von fleißigen Helferlein begrüßt und zum Tisch geleitet werden, während Horst eifrig hinter seinem Ofen wuselt.

Dann geht's los. Getränke, klar nach der langen Reise – gut 30 Minuten im Hochgeschwindigkeitsrausch (Twingo, 43 KW) – ist man durstig. Lecker Bierchen und ne Cola für den Fahrer. Im Ausschank ist nur eine Sorte Bier. Lichter´s Helles, sieht aus wie Pils, gebraut wie Kölsch und schmeckt lecker wie ein gutes Alt, und alle sind zufrieden. Ein Glas gibt es nicht zu der Plöppverschlußflasche, natürlich, wofür auch. Wein könnte man auch bekommen. „Welchen hättest du denn gern, wir haben Roten, Weißen und Rosafarbenen.“ Der Ordnung halber sei gesagt, die Qualität der Weine steht im krassen Gegensatz zur eher schlicht gehaltenen Ansage.
Die Getränke werden gebracht, zusammen mit einem Körbchen voll herzhaftem Bauernbrot und selbstgemachtem Kräuterbutterschmalz. Das soll verhindern, dass sich die Gäste über das Essen am Nebentisch hermachen.

Wir haben es uns gemütlich gemacht, als der Meister selbst an den Tisch kommt, mit einem Strahlen in den Augen als wolle er sagen „schön das ihr heute auch kommen konntet“ -uns seine Hand hinstreckt und erklärt „Ich bin der Horst“ und sich einen Stuhl an den Tisch zieht. „so Kingers, watt wollt ihr essen?“ Dann erzählt er, was die Küche heute abend hergibt. Als Vorspeise gäb´s gegrillte Scampi auf einem Berg von Salat oder lieber den Klassiker, das legendäre Tomatensüppchen mit reichlich Sherry oder die Pilzsahnesoße äh -suppe, dreierlei Pilze mit Zwiebelchen in der Pfanne gebrutzelt mit Sahne gelöscht. (Warum hab ich nur den Aufnehmer zu Hause gelassen?) Wir entscheiden uns für die Legende und die Pilze.
Jemös, durehn, saisonabhängig, natürlich, hier gibt's nur frische Zutaten. Dann folgt eine längere Aufzählung verschiedener Vierbeiner, Flattertiere und Flossenviechern, jeweils mit kurzem Zubereitungshinweis. Unser Wahl fällt auf Straußensteak und Wildlachs. Und dazu Beilagen. Da wären Lichters Echte, eine Art Kartoffelpuffer, Drillinge oder Lauchpfannkuchen belegt mit Tomaten, überbacken mit Brie. Hallo, wie soll man sich denn da entscheiden? Also von allem ein bißchen. „Ja Horst, bitte“ Er hat sich alles notiert und marschiert in seine Küche, dass heißt hinter seinen Kohleofen., der am Ende des Raumes steht, und beginnt mit der Arbeit – zusehen erlaubt – während wir einen kleinen Rundgang durch die Oldiethek machen um seine Schätze zu bewundern. Ein Sammelsurium von Büchern, Kannen, Schreib- und Rechenmaschinen, Krimskrams, Raritäten, Antiquariat.. Sogar die Toiletten sind ob ihrer Wandgestaltung eine Besichtigung wert.

Zurück am Tisch kommt auch schon das Süppchen. Und ich weiß, ab jetzt ist mir alles egal, da kann mir sogar der Kanadier gestohlen bleiben. Jetzt ist Schlemmertime!
Derweil das Fleisch so zart ist, dass man seine Zähne getrost zu Hause lassen könnte, für das Gemüse sind sie von Nöten. Alles frisch und knackig, da ist nichts bis zur Unkenntlichkeit zerkocht. Rosenkohl und Böhnchen haben ihren Spaß mit dem ausgelassenen Speck in der Pfanne gehabt, Blumenkohl und Brokkoli kurz gedünstet und mit in die Soße gelegt in der auch schon die Kohlrabistreifen und Porreescheiben baden. Von blanchierten Möhren und roten Sproßen verziert, räckelt sich der Strauß genüßlich auf seinem Gemüsebett. Der Lachs aalt sich in einer delikaten Soße in einer eigenen Wanne. Eigentlich ist der Tisch jetzt schon rappelvoll aber irgendwie findet auch der Teller mit den Beilagen noch ein Plätzchen.

Schwelg, schmatz. Auch an den Nebentischen ist das quirlige Geplapper gefräßiger Stille gewichen, höchstens unterbrochen von einem wohligen mjam, seufz oder ohm.
Den abschließenden Kaffee – wie gern hätte ich ein Stück dieser herrlichen Bananentorte verdrückt, aber dafür war beim besten Willen kein Platz mehr – gibt´s standes- bzw. interieurgemäß aus Pötten statt Tassen. Ein köstlicher Abend.

Wir rollen uns zum Auto und tuckern heim.Für das nächste Mal haben wir uns vorgenommen, beizeiten mit den Magendehnübungen zu beginnen.

Hi Luc, klasse geschrieben!!!

Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es euch gefallen hat. ich hab den Horst Lichter ja schon einige Male im WDR3 gesehen und höre seine Stimme aus eurem Bericht genau raus <img src="{SMILIES_PATH}/icon_biggrin.gif" alt="" title="Sehr glücklich" />

Gruß

uwe

@ Lucarda

Na da hattet Ihr ja einen tollen Schlemmerabend mit vielen feinen Köstlichkeiten, da tropfen einem ja alle Zähne. Das schlimme an solchen Essen ist immer, dass der Magen größer wird und ich am nächsten Morgen gleich wieder so weiteressen könnte. Essen ist was total schönes.

LG celticqueen <img src="{SMILIES_PATH}/icon_wink.gif" alt="" title="Winken" /> [img:2af10k3w]http&#58;//www&#46;smileyarchiv&#46;net/smiley/schilder0244&#46;gif[/img:2af10k3w]

Super Bericht, Lucarda, da läuft einem ja echt das Wasser im Mund zusammen.
Ich habe vor kurzem einen Bericht über die Oldiethek gesehen.
Musstet ihr den Tisch wirklich für ein Jahr im Voraus reservieren <img src="{SMILIES_PATH}/icon_eek.gif" alt=":shock:" title="Geschockt" />

Wirklich schöner Bericht,obwohl ich die gehobenere Gastronomie nicht mag,da ich meist viel Geld bezahlt habe und hunrig nach Hause gehen mußte.(Wir haben das schon mehrmals erlebt)Das war hier wahrscheinlich nicht der Fall.Verrätst du uns auch den Preis? <img src="{SMILIES_PATH}/icon_wink.gif" alt="" title="Winken" />

Hallo Lucarda,
toller Bericht, der hat ja schon Gourmet-Führer Qualitäten. Mir läuft beim Lesen auch der Sabber aus den Mundwinkeln tropf tropf tropf tropf....
[img:311smmut]http&#58;//www&#46;cheesebuerger&#46;de/images/midi/nahrung/e024&#46;gif[/img:311smmut]
Ja, und die legendäre Tomatensuppe steht auch bei uns ganz oben in der Hitliste - ist gar nicht schwer nachzukochen. Da fällt mir gerade ein- muß unbedingt Sherry nachkaufen <img src="{SMILIES_PATH}/icon_wink.gif" alt="" title="Winken" /> <img src="{SMILIES_PATH}/icon_lol.gif" alt=":lol:" title="Lachen" />
[img:311smmut]http&#58;//www&#46;cheesebuerger&#46;de/images/midi/haushalt/l014&#46;gif[/img:311smmut]

Besser kann man die Atmospäre in Lichter's Oldiethek nicht beschreiben - da stimmte alles bis auf's I-Tüpfelchen - sehe und höre Horst in seiner typischen Art förmlich vor mir.
Wir hatten ja auch schon das Vergnügen, den Meister persönlich kennenzulernen: an einem Sonntagvormittag im Mai fiel unser Motorrad-Club in Butzheim ein und belagerte den Garten der Oldiethek - es dauerte nicht lange und Horst war mittendrin. Total unkompliziert und bodenständig, der Typ, genauso wie seine Küche.
Das mit der Tisch-Reservierung 1 Jahr im voraus stimmt - hab mich noch nicht dazu durchringen können - aber was nicht ist, kann ja noch werden.
Und hungrig geht da bestimmt keiner raus - Erlebnis-Gastronomie muß auch nicht zwingend teuer sein. Ein sonntäglicher Kurztrip zu Kaffee und Kuchen bietet sich uns bei der kurzen Distanz immer wieder an. Wird auch nicht langweilig, weil jedesmal neue Kuriositäten in der Trödel- und Antiksammlung zu sehen sind. Ich hab mich allerdings schon oft gefragt, wie da wohl der Frühjahrsputz abläuft... <img src="{SMILIES_PATH}/icon_eek.gif" alt=":shock:" title="Geschockt" /> <img src="{SMILIES_PATH}/icon_lol.gif" alt=":lol:" title="Lachen" /> <img src="{SMILIES_PATH}/icon_lol.gif" alt=":lol:" title="Lachen" /> <img src="{SMILIES_PATH}/icon_lol.gif" alt=":lol:" title="Lachen" />
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